Vom Ethos der Werkdienlichkeit und Werktreue
Fränkische Nachrichten, 05. Januar 2015
Thomas Hess
 

Abschluss der Museumskonzertsaison: Pianistin Angelika Nebel spielte Klavierbearbeitungen von Kompositionen Johann Sebastian Bachs.

Den mehr als 40 Jahre währenden Einsatz des Ehepaars Heidi und Günther Deeg bei der Organisation der Museumskonzerte würdigte Gernot-Uwe Dziallas, Vorsitzender des Vereins Deutschordensmuseum in einer kleinen Dankesansprache zu Beginn des traditionellen Abschlusskonzerts der letztjährigen Museumskonzertsaison. Als ihre Nachfolgerin stellte sich Helga Tomppert, bis vor kurzem Leiterin des Landwirtschaftsamtes, den Anwesenden vor.

In einer nicht ganz so gut wie gewöhnlich besuchten Vorstellung im Roten Saal sorgte dann Pianistin Angelika Nebel unter dem Motto "..von Schatten und Licht" für einen sehr besinnlichen musikalischen Jahresausklang mit einer anrührend spirituellen Note. Auf ihrem Programm standen insgesamt acht spätere Klavierbearbeitungen von Kompositionen Johann-Sebastian Bachs, Arien, Choräle, Fugen und Sonatensätze, ergänzt durch zwei dreisätzige Sonaten von Joseph Haydn, jeweils versehen mit kurzen Einführungen der Pianistin.

Angelika Nebel erwies sich dabei als eine überaus engagierte, aussagekräftige und hingebungsvolle Interpretin ihrer Vorlagen, speziell mit einer deutlichen Affinität zum Idiom von Barock und (Wiener) Klassik, dazu mit einer auf der Grundlage einer soliden, den Text sorgfältig artikulierenden Technik das Wesentliche, den innersten Kern der musikalischen Aussage herausarbeitend. Als Interpretin pflegt sie eine Haltung, die von einem heutzutage fast schon altmodisch anmutenden Ethos der Werktreue und Werkdienlichkeit geprägt ist.

Dies konnte man als Beispiel der Bach-Bearbeitungen eingangs in der Arien-Transkription von "Bist Du bei mir" (bearbeitet von E. R. Warren) erleben, die in feierlich gemessenem Tempo gleichsam zelebriert wurde, in der intensiv ausgeloteten Architektonik der ursprünglich für Orgel geschriebenen Fuge g-moll BWV 578 (Bearbeitung Arthur Briskier), die nach der Pause in "Wir glauben all' einen Gott" (Bearbeitung von Carl Tausig) ihre imponierend majestätische Entsprechung fand.

Im schlichten und ergreifenden, sehr langsam gespielten Choral "Das alte Jahr vergangen ist" fand das künstlerische Ethos der Interpretin vielleicht seinen sinnfälligsten Ausdruck.

Ganz auf die spirituelle Aussage hin ausgerichtet erschien auch eine Bach-Eigentranskription der Pianistin "Ich ruf zu Dir, Herr Jesus Christ" oder das bekannte Kirchenlied "Was Gott tut, das ist wohlgetan"(Bearbeitung Herbert Murrill). Die - wenn man so will - "weltlichen" Aspekte dieses Jahresabschlusskonzerts mit Angelika Nebel kamen jedoch auch nicht ganz zu kurz: In Form des zärtlichen Siciliano-Satzes aus Bachs Sonate für Flöte und Cembalo BWV 1031 oder in einer Klavierbearbeitung (Walter Rummel) der munter-temperamentvollen Arie "Zum Tanze, zum Sprunge" aus der Kantate BWV 201 und in den zwei dreisätzigen Sonaten e-moll bzw. c-moll) von Joseph Haydn, für die Pianistin ein bis heute in seiner Bedeutung noch immer unterschätzter Komponist.

Die formale Experimentierfreude und der unerschöpfliche Ideenreichtum, die Balance zwischen gedanklicher Tiefe und verhaltener Emotion bei diesem frühesten Wiener Klassiker standen dabei im Mittelpunkt ihrer Interpretationen, die auf Selbstdarstellung verzichteten und dieses Jahresabschlusskonzert auch zu einer Art von unaufdringlicher Lehrstunde für ein (hoffentlich) bereitwilliges Publikum werden ließen.

Für den herzlichen Beifall gab's als Zugabe nochmal eine Bach-Transkription "Schafe können sicher weiden".

Quelle: www.fnweb.de