Im neuen Klanggewand
Badische Zeitung, 10. Februar 2018
Johannes Adam

Mit dieser zweiten CD ist Angelika Nebels Bach-Projekt "Opus Magnum" abgeschlossen. Für die in Frankfurt am Main lebende Pianistin, die fast zwei Jahrzehnte als Professorin an der Musikhochschule Düsseldorf lehrte, ist das lohnende Genre der Bach-Bearbeitungen peu à peu zu einem Alleinstellungsmerkmal geworden. Dem sie sich mit Hingabe widmet. Man achte da nur mal darauf, auf welch entlegene Winkel sie ihre Raritätenfahndung in Sachen Bach-Arrangements ausgedehnt hat. Auch auf der finalen CD sind wieder zwölf Transkriptionen vereint, wobei jede Tonart lediglich einmal vorkommt – man weiß um den Hintergrund: Bachs Wohltemperiertes Klavier.

Man möchte Bachs geniale Musik eben verfügbar haben – unter anderem deshalb hat man sie, auch in der Vergangenheit schon, ausgiebig und vielfältig bearbeitet. Gerade das Klavier ist für derlei Ideen ja ein höchst bewährtes Instrument. Angelika Nebel nutzt historische Arrangements. Zudem wurde sie selbst aktiv, indem sie Bearbeitungen initiierte. Die internationalen Früchte werden jetzt auch bei dieser CD präsentiert. Da hört man Sergej Rachmaninows Version des Präludiums aus der E-Dur-Partita für Violine solo – und wundert sich sogleich über das nun eher verhaltene Tempo. Des Rätsels Lösung: Der Arrangeur wünscht, seine Transkription non allegro vorzutragen, fast antivirtuos – mithin im Gegensatz zu der toccatisch-motorischen Orgelfassung des Franzosen Marcel Dupré.

Interpretatorisch fällt bei Angelika Nebel auf, mit wie viel Gefühl diese Pianistin spielt. Da vernimmt man Musik mit Herz, Seele und Tiefgang – ein willkommener Gegensatz zum Lärm unserer Zeit. Etwa bei der Arie "Aus Liebe will mein Heiland sterben" aus der Matthäus-Passion. Ruhig, zart, mystisch und innig klingt dieser Satz. Stichwort Matthäus-Passion: Die von der Interpretin angeregte Transkription von "Erbarme dich, mein Gott" durch Frank Zabel (Jahrgang 1968) geriet zu einer klingenden Meditation über dieses Arien-Juwel. Bach im neuen Gewand.

Wie sie auch eine polyphone Satzstruktur zu vermitteln vermag, unterstreicht die Pianistin mit der Fuge aus der Violinsonate BWV 1003. Keine Geige dieser Welt könnte eine solche Klarheit liefern. Romantisch und dramatisch aufgeladen ist das es-Moll-Präludium aus Teil I des Wohltemperierten Klaviers. Arrangeur hier: Richard Burmeister, geboren 1860. An anderer Stelle findet man Tänzerisches. Oder eine beinah singende Oberstimme. Dass indes das e-Moll-Präludium BWV 555 aus den Acht kleinen Präludien und Fugen für Orgel allenfalls aus dem Bach-Umfeld (Familie Krebs?) stammt: Wer wollte das bei dieser attraktiven CD denn so eng sehen...

Quelle: http://www.badische-zeitung.de/nachrichten/kultur/im-neuen-klanggewand

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